Theorie der Chaosmagie


von Frater Ratatosk

Im Gewusel okkulter Praktiken, Theorien und Methoden, die die Landschaft zeitgenössischer Magie bevölkern, nimmt die Chaosmagie eine Sonderstellung ein. Sie ähnelt keinem anderen System, weil sie behauptet, kein System zu sein. Die Chaosmagie entzieht sich den Grenzen, Klischees und Vorurteilen, die jedem ihr vorangegangenen System der Zauberei anhaften. Sie verpflichtet sich keinem Dogma, verlangt von der Magierin keinen bestimmten Glauben oder Lebensstil, setzt der Mutigen keine Grenze und nimmt nicht an, dass ein bestimmtes System von Überzeugungen irgend einem anderen System prinzipiell überlegen sei. Die Chaosmagie beruht auf einem metaparadigmatischen Konzept. Das heißt, dass alles innerhalb von Glaubenssystemen (Paradigmen) existiert und dass das Zusammenwirken mehrerer Glaubenssysteme nur durch ein darüber hinausgehendes (meta) Konzept erklärt werden kann. Die Theorie der Chaosmagie ist deshalb nicht mehr als eine Theorie. Sie ergibt kein Paradigma, kein Glaubenssystem. Viele haben die Werke von Peter Caroll, Phil Hine und anderen chaosmagischen Autoren gelesen und begründen irrtümlich mit einem nur bruchstückhaften Verständnis der Texte dieser Autoren eine Identität als Chaosmagierinnen oder Chaosmagier. Nichts könnte irreführender und irregeführter sein als das. Bei genauerer Betrachtung der Theorie der Chaosmagie wird deutlich, dass ihre Kernideen es ihr selbst verbieten, ein selbstständiges Glaubenssystem darzustellen. Man kann innerhalb eines Glaubenssystems (das heißt innerhalb eines Paradigmas) die Theorie der Chaosmagie umsetzen. Man kann die theoretischen Konzepte der Chaosmagie sogar dazu verwenden, ein Paradigma zu erschaffen und dann darin zu verweilen. Man kann aber nicht in einem Meta-Paradigma leben. Man kann nicht in einer Theorie leben. Es gibt also keine „Chaosmagier an sich“, obwohl ich und andere diesen Begriff benutzen, um Anwender der Theorie der Chaosmagie von anderen Magiern zu unterscheiden. Wie also erkennt man den Unterschied zwischen Chaosmagiern und landläufigen Okkultisten? Es gibt eine Nagelprobe. Stell dir selbst oder jemand anderem einfach die Frage: „Glaubst du an eine höchste Wahrheit oder ein höchstes Wesen?“ Eine ‘negative’ Antwort lautet „ja“ oder „Gott“ oder „die Göttin“ oder „mich selbst“ oder „mein Volk“ oder etwas anderes. Eine ‘positive’ Antwort wäre zum Beispiel: „vielleicht“ oder „nein“ oder „heute nicht“, je nachdem wer sie gibt. Diese Nagelprobe beruht auf dem viel zitierten und wenig verstandenen Satz „Nichts ist wahr, alles ist erlaubt.“ Diese Aussage ist eine Art Beschreibung des Universums, indem wir alle gemeinsam zu existieren scheinen. Manche deuten sie so: „Nichts, nicht einmal diese Aussage selbst, ist objektiv wahr und deshalb kann und wird jedes vorstellbare Ereignis tatsächlich geschehen.“ Für andere bedeutet sie: „Die Nichtexistenz (Leere) existiert wirklich und deshalb besteht die Wirklichkeit aus reiner Subjektivität.“ Wieder andere sehen darin: „Alles was mir je gesagt wurde, ist eine Lüge und deshalb kann ich verdammt nochmal alles tun was ich will.“ Eine Lizenz zum Aufstand. Es gibt viele andersartige Deutungen dieses Satzes, die genannten beziehen sich nur auf meine so genannte Nagelprobe. Manche haben ihn als Aufforderung verstanden, nichts zu glauben und alles zu wagen, weil nie eine Bilanz gezogen werden wird – und ich finde das schlüssig. Andere vertreten die Auffassung, dass es nicht um eine Ablehnung von Verantwortung gehe, sondern um eine Unabhängigkeitserklärung. Für Thelemiten stellen Einschränkungen Sünden dar. Für Chaosmagier sind Einschränkungen selbst gewählte Grenzen mit dem Ziel, das Leben vollständiger auszuschöpfen. Chaosmagier können zeitweilig die Auffassung vertreten, dass allein sie selbst sich davon abhalten, Vergewaltigung, Mord, Brandstiftungen, Überfälle, Lügen und anderes zu begehen. Sie sehen, dass allein die Zurückhaltung, die andere sich selbst aufbürden, die Chaosmagierin oder den Chaosmagier selbst davor bewahren, getötet, vergewaltigt, angezündet, überfallen, belogen und so weiter zu werden. (Unabhängig davon, ob die anderen das so sehen.) Die Theorie der Chaosmagie unterscheidet sich von nicht-meta-paradigmatischen Magietheorien auch dadurch, dass sie in erster Linie versucht, Resultate zu erzielen. Chaosmagie beinhaltet die Feststellung, dass verschiedene Techniken sich unabhängig von den Glaubenssystem, indem sie ausgeführt werden, als magisch wirksam erwiesen haben. Diese Techniken sind mit dem Begriff „Gnosis“ (griechisch für „direktes Wissen“, was „göttliche Offenbarung“ impliziert) bezeichnet worden und werden in zwei Kategorien unterteilt. Exzitatorische Gnosis lässt sich am einfachsten als das Ausreizen physischer, geistiger und emotionaler Grenzen, jedoch ohne kompletten Kontrollverlust beschreiben. Die Auswahl an Möglichkeiten umfasst unter anderem Trommeln, Tanzen, Singen oder Zustände extremer Wut, Angst usw. Die andere Kategorie wird als inhibitorisch bezeichnet, das letzte Beispiel dafür ist ein Zustand völliger Loslösung, der durch ausgedehnte Meditation erreicht werden kann. Peter Caroll und andere Gründer der Chaosmagie machten die Beobachtung, dass extreme Bewusstseinszustände oft zu parapsychologischen Ereignissen führen. Dass unerklärlichen Phänomenen und Ereignissen häufig extreme Stresszustände vorausgingen. Das Übernatürliche mischte sich in das Leben derjenigen ein, die sich in Raserei versetzen oder sich in die Tiefe eines nicht-dualistischen Bewusstseins versenken konnten.

Chaosmagie ist der Versuch, gezielt diese Zustände auszunutzen, um auf kontrollierte Weise Resultate zu erzielen. Obwohl es schwierig bleibt, diese Resultate und die sie erzeugenden Zustände zu quantifizieren, erzielen Chaosmagierinnen immer wieder Resultate. Wenige andere Angehörige des okkulten Milieus können das von sich behaupten. Wer der Aufforderung, „es zu beweisen“, nicht ausweicht, könnte Chaosmagier sein. Chaosmagier würden möglicherweise lieber die etwas gruselige Antwort geben, sie würden schauen, was sie tun können. Chaosmagier sind auch bereit, etwas zu tun, zu dem wenige andere Okkultisten bereit sind: sie übernehmen die Verantwortung für ihre Erfolge und ihre Misserfolge. Eine Chaosmagierin sagt NIEMALS „es war nicht Gottes Wille“ oder „die Sterne standen ungünstig.“ (Na gut, vielleicht sagt manch eine Chaosmagierin so etwas, aber wohl eher zum Spaß.) Und Chaosmagier ignorieren genüsslich so ‘mächtige’ Glaubenssätze wie „das ist schlechtes Karma“ oder „wenn du Böses tust, fällt es dreifach auf dich zurück.“ Die Magie von Chaosmagiern dreht sich um das Erzielen von Resultaten. Diese Resultate hängen von zwei Faktoren ab; der Fähigkeit der Magierin und der Wahrscheinlichkeit, dass das Resultat von allein auftritt. Beginnende Chaosmagierinnen earbeiten sich Resultate im Bereich des Möglichen. Fortgeschrittene Chaosmagier haben bereits Erfolge erzielt, die manch einem unmöglich scheinen. Paradigmen-Piraterie Die chaosmagische Praxis, sich überall zu bedienen, die Grenzen einzelner Paradigmen jedoch gewohnheitsmäßig immer wieder zu überschreiten, nennen wir Paradigmen-Piraterie. Die Chaosmagierin übernimmt das Glaubenssystem, das ihr erforderlich scheint, um das gewünschte Resultat zu erzielen. Während sie sich mit diesem System vertraut macht, fügt sie (oder er) Elemente aus anderen Paradigmen ein. Umgekehrt ignoriert oder „löscht“ die Chaosmagierin Elemente des Paradigmas, die spirituellen Ballast darstellen oder nicht die gewünschten Resultate erzielen. Chaosmagier können die Techniken der Chaosmagie praktizieren, aber das müssen sie innerhalb festgelegter Paradigmen tun. Also müssen Chaosmagier an etwas glauben, um Resultate zu erzielen. Woran genau die Chaosmagierin glaubt, ist ganz ihr selbst überlassen. Ich habe welche getroffen, die den Cthulhu-Mythos von H.P.Lovecraft für ein wirkungsvolles Paradigma halten. Andere haben jahrelang im Wicca-Paradigma gearbeitet und fantastische Ergebnisse erzielt. Wieder andere (wie ich selbst) sind entschiedene Atheisten. Manche Chaosmagier sind Setianer, Satanisten, Santeros, Zauberer, Küchenhexen, Thelemiten, Kabbalisten und so weiter. Das Verhältnis der Theorie der Chaosmagie zum einzelnen Paradigma lässt sich wie folgt verstehen. Das Meta-Paradigma beschreibt die Wirkung, das Paradigma beschreibt die Erklärung der Wirkung. Die Theorie der Chaosmagie besteht aus einer Reihe von Techniken, also dem was wirkt. Ihre Resultate hängen davon ab, worauf die Umsetzende abzielt. Das Paradigma – und zwar jedes beliebige Paradigma – besteht aus der Art und Weise, auf die wir anderen unser Universum erklären. Das Paradigma ist das Warum. „Warum hast du das gemacht?“ „Warum hast du das gewollt?“ Das Meta-Paradigma ist das Wie. „Wie hast du das gemacht?“ Die Techniken erklären nichts. Die Paradigmen sind in vielen Fällen nicht methodisch. Jeder Mensch lebt in einem Paradigma. Manche Menschen, die im Paradigmen leben, benutzen eine meta-paradigmatische Theorie, um innerhalb des Paradigmas zu navigieren. Vielleicht ist das der Grund, warum gerade streng festgelegte Okkultisten vor Chaosmagie zurückschrecken. Die Chaosmagierin nimmt sich aus einem Paradigma, was sie braucht, und zieht weiter. Gibt es etwas am Wicca-Sein, was dir nicht passt? Ignoriere es! Möchtest du Setianer sein, ohne Set als reales Wesen zu behandeln? Dann glaub, dass er eine Metapher ist. Dass Chaosmagier Resultate erzielen können, obwohl sie die Paradigmen, in denen sie agieren, so stiefmütterlich behandeln, bereitet nicht-chaotischen Magiern erhebliches Unbehagen. Nichts frustriert einen „wahren Gläubigen“so sehr wie jemand, der sich als Mittel zum Zweck wie ein „wahrer Gläubiger“ aufführt, der aber aussteigt, wenn er hat was er wollte. Während eine „wahre Gläubige“ die Dummheiten ihres Paradigmas widerspruchslos schluckt, ignoriert die Chaosmagierin sie gerade weil sie Dummheiten sind. Eine Chaosmagierin akzeptiert niemals, dass etwas der Fall wäre, nur weil irgendjemand, die Bibel oder eine Hohepriesterin das behauptet. Die Chaosmagierin behandelt die Dinge als wahr, wenn sie ihr passen, und ignoriert sie, wenn sie ihr nicht passen. Die Tatsache, dass Chaosmagier nicht dauernd von irgendwelchen Gottheiten, Egregoren, Dämonen und Aspekten der Göttin für ihre Respektlosigkeit verflucht werden, scheint gewissen Leuten inzwischen wirklich auf die Nerven zu gehen! Und schlimmer noch, dass die Chaosmagie auf zwei Hochzeiten tanzt, was den Glauben anderer angeht. Wir nehmen uns, was wir brauchen, und ziehen weiter. Funktioniert deine Magie? Vielleicht funktioniert sie auch für uns. Funktioniert deine Magie nicht? Schade. Dann suchen wir Chaosmagier uns lieber etwas, das funktioniert. Viele bestehende okkulte Gruppen haben massenweise nützliches magisches Material produziert. Chaosmagiern steht es frei, jedes System zu benutzen, mit denen sie zufrieden sind. Chaosmagier können sich auch ohne Zögern Gruppen von nicht-chaotischen Magiern anschließen, um zu lernen, was diese lehren. Eines noch solltest du über die Paradigmen-Piraterie wissen. Wie man sie angeht, entscheidet alles. Weder von Einzelnen noch von einer Gruppe wirst du je etwas lernen, wenn du dummdreist und besserwisserisch an sie herantrittst. Behandle diese Magier mit Würde und Respekt; viele von ihnen kennen dieses Magie-Ding seit Jahrzehnten und können dir eine Menge beibringen, wenn Du dafür offen bleibst. Ihre Vorstellungen mögen für dich von vorübergehendem Interesse sein; für sie aber sind sie eine Lebensentscheidung. Ich habe viele Gruppen für mich offen gefunden, obwohl ich Chaosmagier bin. Ich war ehrlich mit ihnen und dennoch haben sie alles mit mir geteilt.

Praktische Grundlagen

Wie oben bereits beschrieben beinhaltet die Theorie der Chaosmagie die Verwendung veränderter Bewusstseinszustände beim Auslösen magischer Veränderungen der Wirklichkeit. Obwohl viele Paradigmen veränderte Bewusstseinszustände einsetzen, um Resultate zu erzielen, tun sie das auf recht planlose Weise und schreiben die Ergebnisse des Magiers gern „der Göttin“, „den Sternen“ oder „dem wahren Willen“ zu, wodurch der Verdienst (oder die Schande) an die falsche Adresse gerät. Peter Caroll skizziert die Theorie der Chaosmagie auf präzise (und pedantische) Weise in „Liber Kaos“ und verwendet mehrere Formeln der Magie. Ich schätze diese Formeln aufgrund ihrer Einfachheit und der offensichtlichen Abwesenheit jeglicher äußerer Einflüsse, aber ich bin ja auch ein atheistischer Magier. Ich füge sie hier ein, um der Leserin oder dem Leser einen Vorgeschmack der zu Grunde liegenden Theorie zu bieten. Eine weit bessere Erklärung dieser Formeln kommt von ihrem Autor selbst. Alle Faktoren sind zwischen null und eins. M steht für die Kraft deines Zaubers. Sie hängt ab von deiner G (Gnosis) und der L (magischen Verbindung), multipliziert mit zwei negativen Faktoren (oder Widerständen). Diese sind: deine bewusste Wahrnehmung des gewünschten Ziels A und dein unterbewusster Widerstand gegen die Durchführung von Magie R, also Schwierigkeiten die beispielsweise dadurch entstehen, dass dir deine Mama irgendwann erzählt hat, Magie würde nicht funktionieren. In der anderen Formel bezeichnet P die Wahrscheinlichkeit, dass das gewünschte Ereignis von allein geschieht; (1-P) bezeichnet die Wahrscheinlichkeit das das gewünschte Ereignis nicht geschieht. steht für die Kombinationen der Wahrscheinlichkeit, dass das Ereignis von allein geschieht, kombiniert mit deiner magischen Anstrengung, es geschehen zu lassen. Hier haben wir also die zwei Schritte magischen Handelns. Der erste Schritt ist: „Wie gut war mein Zauber?“ Der zweite Schritt ist: „Hat es funktioniert?“ Diese Formeln haben die angenehme Eigenschaft, die Zufälligkeit des Universums zu berücksichtigen. Stellen wir uns mal vor, du hättest ein wirklich tolles magisches Ritual durchgeführt. Absolut großartig. Jedoch hat dieses Ritual darauf abgezielt, deinen Schuldirektor bei der Zeugnisvergabe mit einem lauten Knall verschwinden zu lassen. Da dein Schuldirektor nicht allzu oft mit einem lauten Knall verschwindet, hat dieses Ereignis eine lächerlich geringe Wahrscheinlichkeit, sich natürlicherweise zu ereignen. Das reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass er das bei der Zeugnisvergabe tut, ganz erheblich (ohne es allerdings unmöglich zu machen). Wir sehen in der ersten Formel, dass ein wirklich gutes magisches Resultat erzielt wird, indem man M möglichst nahe an 1 annähert. Je stärker also die Gnosis und je sicherer die magische Verbindung, desto besser. Die Faktoren der bewussten Wahrnehmung A und des unterbewussten Widerstandes gegen praktische Magie R müssen reduziert, das heißt an 0 angenähert werden. Wie jede praktizierende Magierin weiß, ist es nicht schwer, eine gute magische Verbindung zu bekommen. Wenn man etwas wirklich will, ist man wahrscheinlich nahe genug dran, um ein Stück davon oder ein Abbild besorgen zu können. Wer Chaosmagie treibt weiß meistens auch, dass es auch ziemlich einfach ist, einen Zustand der Gnosis zu erreichen. Das wäre also geklärt. Der Teufel steckt im Detail, auf der negativen Seite der Gleichung. Chaosmagier kennen die lästige Gewohnheit vieler Dinge, sich lange Zeit NACH dem Wunsch zu ereignen. Die bewusste Wahrnehmung erreicht 0 und das Ereignis tritt ein. Wie oft hast du schon Leute, nicht nur Magier, sagen hören: „Es passierte genau in dem Moment, als ich am wenigsten erwartete“ oder „ich hatte das komplett vergessen und dann passierte es.“ Ohne die Lust am Ergebnis kann sich das Ziel manifestieren. Der Faktor unterbewusster Widerstand geht mit der Zeit und mit den Erfolgen zurück. Je mehr Magie du betreibst, desto besser werden deine Ergebnisse; desto kleiner wird dieser Faktor. Erfahrenere Magierinnen bekommen öfter bessere Resultate, ganz einfach. Sie GLAUBEN an sich selbst und das trägt zu ihrem Erfolg bei. Derselbe Faktor ist der Wunderheilungen wirksam – Heilerin und Patientin GLAUBEN dass die Patientin geheilt wird und so geschieht es. Die zweite Formel bringt die launenhafte Natur des Universums ins Spiel. Sagen wir, wir wollen das jemandem etwas schlechtes passiert und es passiert tatsächlich. Ist das jetzt also passiert, weil wir ihn verflucht haben, oder ist es passiert weil er endlich den Falschen angepisst hat und irgendjemand in einer Bar ihm eins auf die Fresse gegeben hat? Wer in die Chaosmagie einsteigt, braucht sich in dieser Frage nicht zu kümmern. So jemand sollte bei jeder Gelegenheit die Verantwortung für das Geschehene übernehmen. Nicht um sich ein aufgeblähtes Ego zuzulegen, sondern um sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass er oder sie etwas bewirken kann. So wird der Faktor des unterbewussten Widerstandes in der ersten Formel langsam schrumpfen. Mit der Zeit – und als Gegengift gegen die Gefahr des Größenwahns – sollten erfahrenere Magierinnen sich zu fragen beginnen, ob sie etwas selbst bewirkt haben oder es zufällig geschehen ist. Ich denke, die erfahrensten Magier wissen, dass magische Resultate in aller Regel durch eine Mischung von Zufall und Magie entstehen. Zu akzeptieren, dass Dinge manchmal einfach so geschehen, aber dass auch die Magierin eine Rolle spielen kann, hält den Geist im Gleichgewicht und die Ziele der Magierin realistisch. Ein weiterer Hinweis für beginnende Chaosmagier nutzt die Natur des Universums, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Zaubere für Ereignisse, die einer hohe Wahrscheinlichkeit haben, von ganz allein zu geschehen. Das gewöhnt dich an den Erfolg und erlaubt es dir, das für schwierigere Arbeiten erforderliche Selbstbewusstsein aufzubauen. Im Winter blühen nun einmal keine Blumen. Beiß dir nicht die Zähne bei dem Versuch aus, das Unmögliche zu erreichen, das führt nur zum Misserfolg und schwächt entsprechend dein magisches Ego. Und noch ein Tipp von jemandem, der schon viel erlebt hat. Zaubere nicht für etwas, nur um dann GAR NICHTS dafür zu tun, dass es tatsächlich geschieht. Du wirst den Mann oder die Frau deiner Träume nicht finden, indem du die ganze Nacht zuhause sitzt. Du wirst die Physikprüfung nicht bestehen, wenn du nicht lernst. Du wirst keine große Gehaltserhöhung bekommen, wenn Du immer zu spät auf Arbeit erscheinst – usw. Wenn du dich an schwierigere Zauber wagst, begünstige dein Schicksal, indem du „Blitzableiter“ baust, in die die Manifestation einschlagen kann. Hilf dem Universum, dir zu geben, was du willst. Die Theorie der Chaosmagie ist eine meta-paradigmatische Theorie. Konkret enthält sie die Techniken, die erforderlich sind, um Magie zum Erfolg zu führen. Die Theorie der Chaosmagie allein macht noch keine Magierin. Das ist die Aufgabe der Praktizierenden selbst. Die Theorie der Chaosmagie enthält doch die Idee, dass ausschließlich RESULTATE das Markenzeichen erfolgreicher Magier sind. Und Resultate erfordern Zeit, Kraft und Anstrengung. Ein Detail, das man nur auf eigene Gefahr ignorieren kann.

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