Die Quelle der Hingabe


von Frater Pandagaz 247

Ziel dieses Rituals sind die Erforschung und die Interaktion mit der Quelle der eigenen Hingabe. Die Hingabe ist deshalb bemerkenswert, weil sie eine schier unerschöpfliche Quelle der Kraft und der Energie ist und sich zudem daraus speist, daß man nicht für sich selbst agiert, sondern sich im Gegenteil jemandem oder etwas widmet; d.h. man erhält die Energie dadurch, daß man etwas gibt. Die Gottheit, die klassischerweise in Verbindung mit Hingabe gebracht wird, ist Shree Hanuman, der sich u.a. auch durch die Verkörperung ethischer Werte, Klugheit, Sanftmut, Heldenmut, Kraft, Gelehrsamkeit, Einsicht und Selbstaufgabe auszeichnet. Hanuman ist General eines Affenheeres des Gotthelden Rama und dient seinem Herrn durch grenzenlose Pflichterfüllung, Verehrung und vor allem Hingabe. Eines Tages wird Sita, die wunderschöne Gemahlin des Rama, von dem Dämon Ravana nach Lanka entführt. Hanuman rettet sie und vollbringt dabei schier Unmögliches. So springt er in einem Satz nach Lanka, wehrt sich gegen eine Dämonin, die seinen Schatten verschluckt, indem er sich endlos vergrößert und sie zwingt, ihn wieder auszuspucken, kämpft trotz im Kampf gegen das Dämonenheer Ravanas angezündeten Schwanzes weiter und steckt dabei die Stadt Lanka in Brand und reißt einen ganzen Berg mit Heilkräutern aus, um damit die in der Schlacht verwundeten Soldaten zu heilen. Als Dank für seine Unterstützung verleiht Rama ihm schließlich die Unsterblichkeit (1). Der Kern des Rituals beruht auf einer Darstellung Hanumans, in der er sich die Brust aufreißt und zu sehen ist, daß in seinem Herzen Rama und Sita abgebildet sind, da die Quelle seiner Hingabe, die ihn zu den unglaublichen Taten befähigt, die Liebe zu den beiden ist. Der Aufbau des Rituals ist relativ einfach. Auf dem hübsch geschmückten Altar steht eine Darstellung Hanumans, außerdem das Sakrament (2) und ein noch nicht angezündete indische Räucherung. Als akustische Untermalung empfehlen sich die – bei youtube zu findenden – Stücke „Lord Hanuman Mantra for Meditation“, „Shree Hanuman Kavach with Arati“ und „Shri Hanuman Mantra“. Bei der Beschreibung des Rituals sollten die Teilnehmer darauf hingewiesen werden, daß sie die Möglichkeit haben werden, mit der Quelle ihrer Hingabe zu interagieren (s.u.), so daß sie vor dem Ritual Zeit haben darüber nachzudenken, wie diese Interaktion aussehen soll – es ist selbstverständlich auch möglich, dies nicht zu planen, sondern die Dinge sich einfach entwickeln zu lassen. Jedenfalls sollte auch darauf hingewiesen werden, daß Hingabe nicht nur im Hinblick auf eine Person, sondern z.B. auch im Hinblick auf eine zu erfüllende Aufgabe bestehen kann und, daß die Quelle der Hingabe zwar Liebe sein kann (und in vielen Fällen wohl auch ist), aber nicht zwingend sein muß. Die Teilnehmer sollten also in jedem Fall offen bleiben für das, was sich während des Rituals ergibt. Der Ritualablauf ist wie folgt:

  • IAO
  • „Es ist mein Wille, mit der Quelle meiner Hingabe zu interagieren!“
  • Während die Teilnehmer im Stehen oder Sitzen tief in den Bauch ein- und ausatmen, liest der Ritualleiter zur Einstimmung folgenden Text aus dem Buch „Hanuman – Sohn des Windes“(3), den die Teilnehmer einfach nur auf sich wirken lassen: Wer seine Sinne unter Kontrolle hat, ist reiner Liebe fähig. Wer echte Liebe empfindet, strebt nicht nach Lohn, ist frei von Furcht und hat niemanden zum Rivalen. Eine solche unverfälschte Liebe ergießt sich in einer Flut grenzenloser Hingabe. Wer starke und unaufhörliche Hingabe übt, geht selbst ganz darin auf und erfährt schließlich eine geistige Umwandlung. Ein solcher Mensch vollbringt ungeheure Dinge, erlangt übermenschliche Fähigkeiten und bewirkt Erstaunliches. Er nimmt im übertragenen Sinne an Größe zu“.
  • Während im Hintergrund das „Lord Hanuman Mantra for Meditation“ läuft, führen sich die Teilnehmer eine Situation in Erinnerung, in der sie mit Hingabe gehandelt haben und dadurch eine schier unerschöpfliche Energiequelle zur Verfügung hatten. Ganz wichtig ist dabei, daß nur mit dem Gefühl als solchem gearbeitet wird, das durch diese Hingabe erzeugt wurde (unabhängig davon, um welche Situation es ging und ohne jegliche intellektuelle Einordnung oder Bewertung). Währenddessen geht der Ritualleiter in dasselbe Gefühl und evoziert sodann unter Entzündung der Räucherung Shree Hanuman, z.B. mit den Worten: Shri Hanuman, Feldherr aller Feldherren, Bezwinger des Dämons Ravenna, Überlister des Schlangenmädchens Surasā, Überspringer des großen Meeres, Erbringer unglaublicher und unbeschreiblicher Leistungen, Angetrieben und unterstützt durch die Kraft der grenzenlosen Hingabe an Rama und Sita, Shri Hanuman, wir laden Dich ein, dieses Ritual mit uns zu feiern und gemeinsam mit uns Hingabe zu erfahren“ Der Ritualleiter und Hanuman tauschen Hingabe-Energien aus.
  • Nun setzt das „Shree Hanuman Kavach with Arati“ ein und alle Teilnehmer interagieren mit Hanuman und gehen immer weiter in das Gefühl grenzenloser Hingabe hinein. Auf dem Höhepunkt dieser Hingabe visualisieren sie nun, wie sie sich selbst die Brust aufreißen (einige Teilnehmer haben hier festgestellt, daß sich ihre Brust bereits von selbst geöffnet hatte) und nachsehen, welches Bild in ihrem eigenen Herzen als Quelle ihrer Hingabe eingraviert ist. Es besteht nun die Möglichkeit, in beliebiger Weise mit dieser Quelle zu interagieren, etwa, indem man sich bewusst mit dieser Quelle vereinigt, eine Sigel oder einfach nur ein positives Gefühl an die Quelle schickt oder – z.B. dann, wenn man ein anderes Bild entdeckt als das, was man zuvor vermutet hatte – über die Quelle kontempliert. Zum Abschluss visualisiert man, wie sich die Brust wieder schließt. Je nach persönlicher Lebenssituation kann sich die Quelle im Laufe der Zeit durchaus ändern, so daß es reizvoll ist, das Ritual gelegentlich zu wiederholen.
  • Während nun das „Shri Hanuman Mantra“ gespielt wird, wird das Sakrament verzehrt und der Ritualleiter dankt Hanuman für seine Unterstützung; angenehm ist auch, ihn nach der Danksagung nicht zu verabschieden, sondern ihn einzuladen noch so lange zu Gast zu bleiben, wie er möchte. Eine Bannung ist nicht vorgesehen; will man dennoch bannen, sollte man Hanuman zuvor verabschieden.

FUßNOTEN

(1) Zur Lektüre sei neben dem Ramayana selbst (z.B. in der Ausgabe in Diederichs Gelber Reihe, Hugendubel Verlag, 2004) vor allem das Buch „Hanuman Sohn des Windes“ von K. Subrahmanyam, Ansata Verlag, 1990 empfohlen, das in wunderschöner Sprache anhand der Hanuman-Passagen aus dem Ramayana seine Eigenschaften darstellt und erläutert. Es ist auch zur Vorbereitung für Hanuman-Meditationen bestens geeignet.

(2) Beispielsweise ein guter indischer Tee, aber auch Bananen, Schokobananen etc. sind möglich.

(3) S.o. Fußnote 1, S. 68.

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